Die besten Lehrlinge der Welt
International wird die Lehrlingsausbildung in Österreich hoch gelobt, doch bei der Ausbildungsqualität gibt es noch viel zu verbessern
Kfz-Techniker Klaus Lehmerhofer aus Krems an der Donau gewann bei der EuroSkills 2018, die 6. Berufseuropameisterschaften in Budapest, nicht nur die Goldmedaille, sondern wurde auch als Bester der Nation gekürt. Er ist einer der insgesamt vier Gold-, 14 Silber- und drei Bronzemedaillen-GewinnerInnen aus Österreich. „Unsere Lehrlinge sind unschlagbar gut“, freuten sich viele VertreterInnen der Wirtschaft, das Können der heimischen Fachkräfte vor den Vorhang zu holen. Mit 21 Medaillen ist Österreich damit zum vierten Mal in Folge die beste Nation.
Alle Lehrlinge haben Top-Ausbildung verdient
Diese Lehrlinge sind topausgebildet. „So wie es sein soll“, sagt Susanne Hofer, Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ). „Die EuroSkills sind ein schönes Beispiel, um hervorzuheben, was alles möglich ist. Unter den mehr als 100.000 Lehrlingen in Österreich gibt es viele Talente. Nur muss man sie auch fördern und ihnen allen eine qualitativ hochwertige Ausbildung anbieten“, so Hofer. In zu vielen Betrieben würden Lehrlinge als billige Arbeitskräfte eingeteilt und ihnen nicht die im Berufsbild vorgeschriebenen Tätigkeiten beigebracht. Bei den Berufsbildern gibt es viel Potential nach oben, das sei unbestritten. „Eine regelmäßige Aktualisierung und Anpassung an moderne, digitale Arbeitsformen und technologische Entwicklungen ist dringend notwendig“, fordert die Vorsitzende der Gewerkschaftsjugend.
Berufsbilder schreiben vor, was gelernt werden muss
Die Ausbildung von Lehrlingen findet zu 80 Prozent im Betrieb und zu 20 Prozent in der Berufsschule statt. Sogenannte Berufsbilder (Ausbildungsvorschriften) beinhalten Kenntnisse und Fertigkeiten, die einem Lehrling - aufgeteilt auf die Lehrjahre – beigebracht werden sollen. Die Inhalte werden von VertreterInnen der Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen gemeinsam erbarbeitet. Den Abschluss bildet die Lehrabschlussprüfung (LAP). „Das Problem ist die rasante Entwicklung und ständige Modernisierung der Arbeitswelt. Mit dieser Schnelllebigkeit können die Berufsbilder aktuell nicht mithalten“, so Hofer. „Das muss geändert werden, indem Berufsbilder in kurzen Abständen aktualisiert werden und an die digitalen und technischen Anforderungen angepasst werden.“
Digitale Kompetenzen verankern
Die Diskussionen über Modernisierung und Qualitätsverbesserung in der dualen Berufsausbildung scheitern oft an den betrieblichen Realitäten und Branchenunterschieden. „Arbeitgeber orientieren sich leider oft am kleinsten gemeinsamen Nenner und nicht an den vor uns liegenden zukünftigen Herausforderungen“, kritisiert Hofer. Digitale Kompetenzen würden nur zögerlich in den Ausbildungsvorschriften verankert, weil oft auf Betriebe Rücksicht genommen werde, die (noch) nicht in der Lage seien, diese zu vermitteln. Andere Unternehmen wiederum sind beim Thema Digitalisierung meilenweit voraus, davon profitieren auch die Lehrlinge. „Diese Chance sollten aber alle Lehrlinge bekommen, nicht nur jene, die im ‚richtigen’ Betrieb gelandet sind.“
Die Ausbildungsqualität kommt zu kurz
Regelmäßig verpflichtende Kontrolle des betrieblichen Ausbildungsprozesses gibt es derzeit nicht. Das kritisiert auch die ÖGJ-Vorsitzende, denn die betriebliche Ausbildung hänge vom guten Willen und vom Engagement des einzelnen Betriebs ab. Ausbildungsqualität rentiert sich für die Betriebe dann, wenn sie die Lehrlinge als Fachkräfte benötigen und auch nach der Ausbildung weiter beschäftigen. „Es gibt aber auch viele Betriebe, sie sich in der Ausbildung sehr engagieren. Das sollten alle so machen“, fordert Hofer. Diese würden auch am negativen Image der Lehre leiden, obwohl sie ernsthaft an einer qualitätsvollen Ausbildung Interesse haben. Groß - und Mittelbetriebe lösen das dadurch, dass sie freiwillig höhere Ausbildungsqualität anbieten. Die Lösung des Problems ist das aber nicht.
Forderungen des ÖGB zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung
- Diskussion eines Alternativmodells, das die Verantwortung der Ausbildungsbetriebe stärker im Fokus hat und Etablierung eines trialen Systems – Schule, fachliches Ausbildungszentrum, Betrieb als Regelsystem, außerhalb der bisherigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.
- Qualitative Verbesserung der betrieblichen Ausbildung durch Qualitätsförderungs- und Qualitätssicherungsmaßnahmen.
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